Fahrradtourismus – eine Chance für den ländlichen Raum

17. ADFC-Mittagsgespräch mit Frank-Ulrich John, DEHOGA Bayern, Geschäftsführer Kommunikation in Vertretung von Ulrich Brandl, Präsident des DEHOGA Bayern

Fahrradtourismus ist für den ADFC seit Langem ein wichtiges Themenfeld, in dem er starke Akzente gesetzt hat und Entwicklungen weiter vorantreibt. So hat er etwa mit Bett+Bike eine Marke für fahrradfreundliche Übernachtungsbetriebe geschaffen oder sorgt mit der Klassifizierung von ADFC-Qualitätsradrouten und der Zertifizierung von ADFC-RadReiseRegionen für stetige Verbesserungen bei der Qualität der Infrastruktur. Fahrradtourismus war auch Thema beim 17. Mittagsgespräch des ADFC Bayern am 12. Mai 2015 in München. Gastredner Frank-Ulrich John, Geschäftsführer Kommunikation der DEHOGA Bayern, widmete sich mit dem Thema „Tourismus in Bayern – Eine Leitökonomie und ihre Herausforderungen“.

In seiner Begrüßung betonte der ADFC-Landesvorsitzende Armin Falkenhein, dass Qualität beim Fahrradtourismus in Bayern von den Verantwortlichen sehr unterschiedlich definiert werde. Der gemeinsame Qualitätsanspruch, der sich an festen Standards orientiere, biete einen guten Anknüpfungspunkt für die Zusammenarbeit mit dem DEHOGA Bayern, der als Unternehmer- und Wirtschaftsverband die Hotellerie und Gastronomie in Bayern vertritt, so Falkenhein. John sah seinen Verband hier an der Seite des ADFC. Der Fahrradtourismus sei positiv besetzt und gerade der ländliche Raum profitiere davon. Ziel für den ADFC ist es, eine Anhörung im Landtag zu diesem touristischen Segment zu erreichen. „Wir brauchen in Bayern ein Konzept für den Fahrradtourismus und müssen das Land fit machen für die Zukunft“, erklärte Falkenhein.

Den Tourismus insgesamt bewertete John als die unterschätzte Branche in Bayern, liege doch der Tourismus bei Beschäftigung und Wertschöpfung deutlich vor Kfz-Industrie, Maschinenbau oder Bankwirtschaft. Zudem sei er standorttreu, auch in strukturschwachen Regionen präsent und generiere Umsätze in regionalen Wirtschaftskreisläufen. Diese Wirtschaftsleistung finde zwar in der Politik inzwischen Anerkennung, weit weniger aber bei Medien und Allgemeinheit.

„Den Fahrradtourismus mögen wir wirklich“, bekannte John und zitierte Zahlen und Fakten aus der ADFC-Radreiseanalyse. Der Fahrradtourismus könne gerade im ländlichen Raum wichtige wirtschaftliche Impulse setzen. Neben Naturerlebnis und der Besichtigung von Sehenswürdigkeiten sei für Radtouristen die regionale Küche ein wichtiger Faktor. Die DEHOGA-Klassifizierung „Ausgezeichnete Bayerische Küche“, bei der auch heimische landwirtschaftliche Qualitätsprodukte eine Rolle spielten, komme diesem Bedürfnis entgegen. „Radler kommen hungrig und durstig an und sind deshalb bei unseren Mitgliedern gern gesehene Gäste“, erklärte John. Das einstige Vorurteil vom armen Radler, der sich kein Auto leisten könne und am liebsten im eigenen Zelt übernachte, sei längst widerlegt. Hoteliers und Gastronomen sei bewusst geworden, dass Radtouristen gute Umsätze brächten und auch einer abendlichen Massage im Wellnessbereich nicht abgeneigt seien. Vor diesem Hintergrund seien auch die Vorbehalte gegen Einzelübernachtungen deutlich zurückgegangen.

Das Fahrrad ist im DEHOGA also positiv besetzt. Aktuelle Problemfelder seien dagegen der staatlich verordnete „Dokumentationswahn“ bei der Allergenkennzeichnung, die mangelnde Flexibilität des Arbeitszeitgesetzes oder die Benachteiligung der Gastronomie beim geltenden Umsatzsteuersatz. Das trage mit dazu bei, dass derzeit etwa 500 Wirtshäuser pro Jahr schließen. Doch die würden als Infrastruktur gerade auch für den Fahrradtourismus gebraucht.

Aus der abschließenden Diskussion sei noch ein Punkt hervorgehoben, bei dem große Einigkeit bestand: Fahrradtouristische Belange müssen auch bei Straßenausbauten vorrangig Berücksichtigung finden. Es schadet dem Fahrradtourismus und seiner Attraktivität, wenn kleine Straßen, auf denen ausgewiesene Radfernrouten liegen, massiv ausgebaut werden. Im konkreten Beispiel ging es um den Bodensee-Königssee-Radweg. Anwesende Vertreter des noch recht jungen Tourismus Oberbayern München e.V. betonten, dass hier noch mehr politische Bewusstseinsbildung vor Ort notwendig sei und sie selbst hier auch bereits aktiv seien. Denn es gelte die Landschaft und ihr Erleben erhalten.

Text: Traudl Schröder

Fotos: Werner Müller

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